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"Einmal Pinguin, immer Pinguin“

von ESC-Planegg

Den 24. November wird Kathrin Lehmann so schnell nicht vergessen. Kaum hatte die Schweizerin ihren deutschen Pass erhalten, klingelte schon das Telefon. „So, Ka, jetzt musst du wieder kommen“, schärfte ihr Mona Pink ein. Dass die Kapitänin des ESC Planegg keine Zeit verlieren wollte, um die ehemalige Mitstreiterin zurück zum Deutschen Eishockey-Rekordmeister zu lotsen, verstand sich von selbst. Zusammen mit der Eidgenossin hatten die Pinguine von 2011 bis 2014 mit ihre erfolgreichste Zeit erlebt. Da der Club seit dieser Saison an chronischem Spielermangel leidet, war ihre Rückkehr ohnehin fast selbstverständlich. „Einmal Pinguin, immer Pinguin“, dachte sich Lehmann und startete ihr Comeback.

Dass ihre beiden ersten Spiele noch relativ deprimierend ausfielen, lag zum einen am starken Rivalen aus Memmingen und zum anderen an ihr selbst. Zwar hatte sich die Tochter von zwei Sportlehrern in den vergangenen drei Jahren beim VfR Angerlohe fit gehalten, doch mit dem Tempo in der Bundesliga konnte sie nicht mehr ganz mithalten. „Ich muss mich erst wieder an den Rhythmus gewöhnen“, räumte sie ein.

Bevor sie 2014 den ESC verließ, weil der mit zwei Amerikanerinnen die beiden Kontingentplätze besetzen wollte, war sie ein fester Bestandteil des Teams gewesen. Lehmann schoss Tore wie am Fließband und bereitete noch mehr vor. Wichtiger war jedoch ihre frische, natürliche Art, mit der sie ihr Team immer wieder mitriss. Immer ein Lächeln im Gesicht, nie um eine Stellungnahme verlegen, stets bereit zu einem guten Kampf. So trifft auf sie zu, was der Schweizer nicht nur in der Werbung für eine seiner Vorzeige-Schokoladen sagt. „Is cool, man.“ Und so dauerte es nur eine schlappe Woche, bis sie sich auf ihr neues Umfeld eingestellt hatte. Gegen Berlin steuerte sie im ersten Spiel zunächst eine Vorlage und im zweiten einen Treffer und einen weiteren Assist bei. Tore erzielen liegt der Schweizerin im Blut. Für die Nationalmannschaft sammelte sie in 242 Länderspielen insgesamt 206 Scorerpunkte. Wertvoller für sie war jedoch 2012 der Gewinn der Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land.

Hätte sie sich in ihrer Kindheit nicht beim Fußball spielen am Fuß verletzt, sie wäre wohl auch eine ebenso gefährliche Kickerin geworden. So blieb ihr im Fußball nur der Weg ins Tor, wo sie es für die „Nati“ auf insgesamt 31 Länderspiele brachte. Dass ihr Hund auf den Namen Tschutti hört, was vom Schwiizerdütsch ins Hochdeutsche übertragen Fußballer bedeutet, ist wohl auch als Reminiszenz an die gute alte Zeit zu verstehen. Da sie der Sport weit in der Welt herumführte, stellte die Allrounderin nebenbei noch einige Bestmarken auf. Als einzige Spielerin hat sie sowohl in der höchsten deutschen Eishockey- als auch Fußball-Liga ins Schwarze getroffen. Als Torfrau des FC Bayern München bestritt sie wegen Personalmangels nur eine einzige Partie im Feld – und netzte gegen Niederkirchen prompt ein.

Mit ihren 37 Jahren hat Lehmann inzwischen deutsch-schweizerische Sportgeschichte geschrieben. Für ihre beiden neuen Sturmpartnerinnen Elizabeth Scala und Theresa Wagner mag sie daher wie ein Relikt aus uralter Zeit erscheinen. „Ich bin älter als die beiden zusammen“, sagt sie schmunzelnd. Was zu ihrer Ehrenrettung nicht ganz stimmt: Die zwei Kolleginnen kommen gemeinsam doch auf 45 Jahre. Aber die Tendenz wird schon sichtbar. „Wir befinden uns im Umbruch“, erklärt Lehmann. In Planegg wachse eine neue Generation von Spielerinnen heran.

Dass der Neuaufbau nun mit ihr vonstatten geht, mag in gewisser Weise ein Antagonismus sein, zeigt aber auch, dass Lehmann mehr denn je bei den Pinguinen gebraucht wird. Nicht umsonst richtet die Universitätsdozentin der ETH Zürich und der TU München Sportkurse in ihren beiden Paradedisziplinen aus. Dass sie wichtig ist, würde sie so gar nicht von sich behaupten. „Ich bin so dankbar, dass ich wieder da bin“, sagt die gebürtige Zürcherin lieber bescheiden und freut sich darüber, in den Kreis ihrer alten Familie wieder aufgenommen zu sein.

Nationalspielerin im Eishockey und im Fußball: Kathrin Lehmann mit ihrem Hund Tschutti, was vom Schwiizerdütsch ins Hochdeutsche übertragen Fußballer bedeutet. foto: hch

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